Die Doppelbelastung der Finanzmärkte: Ölpreis und Inflation als Risikofaktoren
Die aktuellen Entwicklungen an den Finanzmärkten werden zunehmend von zwei zentralen Risikofaktoren bestimmt: dem Ölpreis und der Inflation. Die jüngste Eskalation im Nahen Osten, insbesondere nach Israels Angriffen auf den Iran, hat zu einem deutlichen Anstieg des Ölpreises geführt. Dies bringt eine alte Sorge zurück ins Zentrum der Debatte: die Gefahr einer Stagflation – also einer Kombination aus stagnierendem Wirtschaftswachstum und gleichzeitig steigenden Preisen.
Ursachen und Auswirkungen
Ölpreis als Treiber
- Kurzfristige Effekte: Ein sprunghafter Anstieg des Ölpreises erhöht die Produktionskosten in vielen Branchen und verteuert Transport sowie Energie.
- Langfristige Folgen: Laut Modellen der US-Notenbank (Fed) kann ein anhaltender Anstieg des Ölpreises um zehn Dollar die Inflation um etwa 0,4 Prozentpunkte erhöhen und das Wirtschaftswachstum um denselben Wert senken.
- Marktreaktion: Investoren reagieren sensibel auf solche Entwicklungen, da sie Unsicherheit über künftige Gewinne schaffen.
Inflationäre Faktoren
- Zollpolitik: Die protektionistische Handelspolitik der USA unter Präsident Trump führt zu höheren Importpreisen, die Unternehmen an Verbraucher weitergeben dürften.
- Arbeitsmarkt: Restriktive Einwanderungspolitik sorgt für Engpässe bei günstigen Arbeitskräften in bestimmten Branchen, was wiederum Lohnkosten steigen lässt.
- Stagflationsrisiko: Steigende Preise bei gleichzeitig schwächerem Wachstum erschweren es Notenbanken wie der Fed, mit Zinssenkungen gegenzusteuern.
Rolle der US-Notenbank
US-Notenbankchef Jerome Powell steht vor einer komplexen Aufgabe:
- Zinsentscheidungen: Eigentlich hätten jüngste Inflationsdaten Spielraum für Zinssenkungen im Herbst eröffnet. Die neue Unsicherheit durch den Ölpreisschock macht diese Entscheidung jedoch deutlich schwieriger.
- Kommunikation: Powell muss abwägen zwischen dem Risiko weiterer Preissteigerungen (Inflation) und dem Bedarf nach geldpolitischer Unterstützung für das Wachstum.
- Investorenreaktion: Jede Änderung in der geldpolitischen Ausrichtung beeinflusst unmittelbar das Investitionsverhalten von Anlegern – sowohl am Aktienmarkt als auch bei festverzinslichen Wertpapieren.
Marktausblick
Die Kombination aus geopolitischen Spannungen (Naher Osten), protektionistischer Handelspolitik und strukturellen Arbeitsmarktherausforderungen erhöht das Risiko von Kurskapriolen:
- Anlegerverhalten: Viele Investoren bleiben risikoscheu oder halten sich mit größeren Positionierungen zurück.